Übersetzungsworkshop
Daoistische Klassiker übersetzen
Themenabend mit Viktor Kalinke
29. Oktober 2025 • 19 Uhr
Veranstalter: Die Fähre. Verein zur Förderung der literarischen Übersetzung
Laozi und Zhuangzi werden meist als philosophische Texte gelesen, mal mehr aus politischer, mal mehr aus lebenspraktischer Perspektive. Tatsächlich wurzeln beide Texte im Poetischen. Daraus erklärt sich unter anderem der Erfolg dieser beiden Bücher, der sich in ihrer mehr als 2000jährigen Rezeptionsgeschichte widerspiegelt.
Laozi besticht durch seine in der altchinesischen Literatur einmalige Kürze und Prägnanz. Es wurde viel dazu geforscht und diskutiert, ob seine Textvignetten nicht eigentlich Gedichte oder Lieder seien. Als ein weitaus wichtigeres Stilmittel als der Reim erweist sich für das Verständnis dagegen die Systematik der Mehrdeutigkeit, die mit dem Rhythmus und der Syntax zusammenhängt.
Das Buch Zhuangzi dagegen ist viel mehr von der Volkssprache (baihua) geprägt. Zhuangzis Idiome - meist in Form viersilbiger Zeichenketten, die für sich genommen hermetisch erscheinen, da sie die Zusammenfassung oder Überschrift einer Legende oder Anekdote darstellen - ermöglichen es, gewissermaßen mit Abkürzungen und Codes zu kommunizieren.
Anhand von Textbeispielen gibt Viktor Kalinke ein lebendiges Bild, in welcher Form den übersetzerischen Herausforderungen begegnet werden kann. Im Kontrast dazu schildert er die Besonderheiten eines tausend Jahre jüngeren Textes, des Kapitels Fangnei aus dem berühmten Ishinpo, das altchinesische Konzepte der körperlichen Liebe beschreibt und eine Vielzahl anatomischer Begriffe bietet, für die es in der deutschen Sprache keine Entsprechung gibt.